Das ERWAS-DACH-Seminar – ein Resümee:
Grenzen überschreiten für die weitere Erschließung von Energiepotentialen in der Wasserwirtschaft.
Das vom Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen ausgerichtete ERWAS DACH-Seminar bildete den 2. Tag der DWA-Energietage in Augsburg und bot eine länderübergreifende Plattform zum Austausch zu den aktuellen Fragestellungen der Energieoptimierung und –Intelligenz und Flexibilisierung in Wasser- und Abwasserwirtschaft.
DACH steht hierbei für den Austausch zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz. Jedoch wurden in den Vorträgen und der angeregten Diskussion nicht nur Landes- sondern auch thematische Grenzen überschritten. Die Themenblöcke
- Mensch, Wasser und Energie
- Interaktion der Abwasserbeseitigung mit der Energiewirtschaft und
- Möglichkeiten der Flexibilisierung bei der Talsperrenbewirtschaftung
spannten einen Bogen über die Wasserwirtschaft, so dass den unterschiedlichen Fachdisziplinen die Möglichkeit geboten wurde, aus den Erfahrungen und dem Wissen der anderen zu profitieren. Eingeführt und moderiert wurde der Tag durch Dr.-Ing. Paul Wermter, Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der RWTH Aachen (FiW) e.V.
Mensch, Wasser und Energie
Mensch, Wasser und Energie bildete den Auftakt des Tages und zeigte, dass für eine erfolgreiche Umsetzung energieoptimierender Maßnahmen das Personal, die Bevölkerung und die Entscheidungsträger mitgenommen werden müssen. Die Referenten präsentierten hierzu spannende Ansätze. Dr. Reto Manser, Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern, beleuchtete die Energieeinsparpotentiale der Schweiz und nahm dabei die manchmal divergierenden Interessen zwischen Energieoptimierung und Gewässerschutz in den Blick. Zudem unterstrich er die Bedeutung von Organisationen wie dem Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute für den notwendigen Austausch, auch unter Entscheidungsträgern. Univ. Prof. Lietzmann von der Bergischen Universität in Wuppertal verdeutlichte, dass die Einbindung von Öffentlichkeit und Bevölkerung insbesondere auch bei Energie- und Wasser-Großprojekten sinnvoll und wichtig sei. Im Projekt ENERWA wurde eine Bürgerbefragung zum Thema energetische Potentiale in der Wasserwirtschaft durchgeführt, der die BürgerInnen generell positiv gegenüber standen. Die Rolle des Betriebspersonals nahm sich Dipl.-Ing. Gerhard Spatzierer, ARGE Abwasser Burgenland Nord, an, der viele Jahre für die DWA die Koordination der Kläranlagen-Nachbarschaften übernahm. Nur mit motiviertem Personal können Projekte und damit Einsparungen auf Anlagen umgesetzt werden. In der anschließenden Diskussion wurde nochmal darauf hingewiesen, dass die Einbindung von Bürgern bei wasserwirtschaftlichen Projekten noch mehr genutzt werden sollte.
Möglichkeiten der Flexibilisierung bei Kläranlagen – Interaktion von Abwasserentsorgung und Energiewirtschaft
Dr. Markus Reichel, ebswien hauptkläranlage Ges.m.b.H., zeigte eindrücklich, wie die Planungen aussehnen, so dass die ebswien hauptkläranlage ab 2020 mehr Energie erzeugen wird, als zur Reinigung der Wiener Abwässer benötigt wird. Durch das Projekt E_OS, kurz für Energie_Optimierung Schlammbehandlung, soll die Anlage zukünftig energiepositiv werden und sogar Energie (Strom und Wärme) ins Netz einspeisen. Das ERWAS-Projekt arrivee, vorgestellt durch Dipl.-Ing. Gretzschel der TU Kaiserslautern, untersucht den Kläranlagenbestand auf bereits heute kurzfristig erschließbare Flexibilisierungsmöglichkeiten und stellt gleichzeitig Anlagenkonzepte bereit, die mittelfristig von Bedeutung sein können, um den kommunalen Kläranlageninfrastrukturen eine systemrelevante Nutzung im Energiesektor zu ermöglichen. Dr.-Ing. Christian Schaum, TU Darmstadt vom ERWAS-Projekt ESiTI, stellte Ansätze für die „Kläranlage der Zukunft“ vor, die eine Entwicklung vom Klären zum flexiblen Kraftwerk und Ressourcenstation reichen. Die Anforderungen des Marktes sind wichtige Komponenten, die in der Schweiz durch einen Regelenergielastausgleich von Infrastrukturanlagen bedient werden sollen. Dipl. Bauing. HTL Beat Kobel, Ryser Ingenieure AG, berichtete von den Erfahrungen aus dem Leuchtturmprojekt.
Möglichkeiten der Flexibilisierung bei der Talsperrenbewirtschaftung – Nutzung von Energiepotentialen und Auswirkungen
M.Sc. Jan Echterhoff, FiW, widmete sich den Auswirkungen der Dynamisierung von Trinkwassertalsperren, die im ERWAS-Projekt ENERWA durchgeführt wurden. Er zeigte, dass eine vorrausschauende, operative und integrale Talsperrenbewirtschaftung unter Berücksichtigung einer energetisch optimierten Wassermengenbewirtschaftung, Rohwassergüte und hydroökologischen Bewirtschaftung des Unterlaufs umgesetzt werden kann. Voraussetzung ist, dass das System aus Einzugsgebiet, Staukörper und Fließgewässer als Einheit betrachtet wird. Zentrale Bausteine eines zukünftigen erneuerbaren Energiesystems können Speicherwasserkraftanlagen sowie Pumpspeicherkraftwerke bilden, jedoch nur unter einer ökologisch verträglichen Bewirtschaftung der Stauräume. Dies beleuchtete Prof. Dr. Markus Aufleger, Universität Innsbruck, an anschaulichen Beispielen. Dynamik der Fließgewässer unterhalb von Talsperren nahm sich Dr. Philipp Meier, Eawag, an, der die zwei Szenarien von „zu viel“ und „zu wenig“ Dynamik betrachtete.
Die Teilnehmer des ERWAS-DACH-Seminars konnten durch die unterschiedlichen Vorträge aus diversen Bereichen der (Ab-)Wasserwirtschaft einen Eindruck sowie durch den direkten Austausch über den Stand der Forschung, Technik und Akzeptanz auch über die jeweiligen Landesgrenzen hinaus gewinnen.
Weitere Informationen finden Sie in unseren Handouts zum ERWAS-DACH-Seminar, indem Sie links auf das PDF-Symbol klicken.